Völkerwanderung
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Völkerwanderung schtoht für a Wanderbewegung, wo a große Zahl vo Menscha us oana Volksgruppa oda a ganze Volksgruppe in a andres Gebiet umsiedlan, normalerwiis, will sich eana Lebensbedingunga vaschlechtert hond: Verändrunga im Klima, wo zu Dürrena oder Überschwemmunda führend, politische Ereigniss, Seuchena oder Überbevölkarung künnen sölle Wanderbewegunga uslösa. Kond mehrere vo dena Ursacha zäm, kas dazua ku, dass große Menschagruppa abwandern. Scho 1885 hot E. G. Ravenstein die siebe Gsetz vo individueller Wanderung (The Laws of Migration) formuliert.
Der Begriff Völkerwanderung bezieht sich hüt meischtens uf die Wanderbewegunga vo da germanischa Völker zwüscha m‘2. und m‘6. Johrhundert. Im engera Sinn umfaßt’s dia Zit zwüscha 375 (wo d‘Hunnen in Ostmitteleuropa igfalla sin) und 568 (wo D‘ Langobarden noch Norditalien ku sin) bezeichnet. S’Ende vo da Völkerwandrung isch glichzittig s’End vo der Spätantike bzw. vo da römischer Kaiserzit gsi, und der Afang vom europäischa Frühmittelalter.
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[ändere] Die germanische Völkerwanderung
[ändere] Allgemeines
Wieso sich dia germanischa Völker ufn Wäg gmacht hond, hot viile Gründ, wo zum Toal sicher o je noch Gegend unterschiedlich sind. Mitgschpillt hond sicher Landnot in Nordoschteuropa, wo d’Bevölkerung stark gwachsa isch und dass sich’s Klima vaschlächtert hot. Ganz gnau ka ma des hüt aber num säga. Oanzelne Schtämm hond agfanga sich bessere Bedingunga z’suacha (zum Toal sicher vertrieba vo da Hunnen) und hond dadurch andere vo eana Gebiete witerdrängt, was im Endeffekt a Neuverteilung vo da Schtämm in ganz Europa brocht hot. Dabi isch aber wichtig, dass "Schtämm" oda "Völka" in der Migrationszit koa konschtante Einheita gsi sin. An Schtamm isch meh a Rechtsgemeinschaft gsi, wo sich in era siner Größe und Zämmasetzung albot vaändrat hot, zum Toal also o polyethnisch gsi isch.
Wichtig an dera Schtell isch der Begriff Ethnogenese. D’Entstehung vo Völker, vo na ethnischa Identität wird numma als biologische Kategori, sondan immer meh als an historischer Prozess gsehna. Es git koa so oafache Erklärung, wia ma früha globt hot, warum sich s‘weströmischen Rich ufglöst hot und dia Germana döt neue Schtaata gründet hond im 5. und 6. Johrhundat,. Dass echt d’Germana schuld gsi sin am Untergang vo Weschtrom, wird scho lang diskutiert, und gilt hüt als eher unwohrschinli. (Lit.: vgl. jedoch Heather, Fall of the Roman Empire)
[ändere] Dia wichtigschta Wanderunga bevor d’Hunna ku sin
Vo da Goten hot ma lang globt, dass se us Skandinavien kummen, was jetzt aber ziemli umschtritta isch stamme, was in der modernen Forschung jedoch höchst umstritten isch; noch Christi Geburt hond se uf jeden Fall im Gebiet vom hütiga Polen an da Weichsel gwohnt und sind denn im 2. Johrhundert ans Schwarze Meer witerzoga. Damit hot d’erschte große Wanderung agfanga, wil se d‘Vandala und d‘Markomannen noch Süda und d‘Burgunder ge Weschta verdrängt hond. Und es isch mit an Grund gsi für die Markomannenkriege, wo s’Römische Rich d’Germana fasch ned meh abdawehr hot. Epper um 290 hond sich dia Goten in Terwingen/Visigote (wo ned ident sind mit da schpöterra Weschtgote, wiil do no andre Völka a der Ethnogenese beteiligt gsi sin) und Greutunge/Ostrogote (do gilt’s gliche für d’Oschtogota) toalt. D‘“Oschtogota“ hond am Schwarza Meer, döt wo hüt d‘Ukraine isch, eana Platz gfunda, d‘“Weschtgota“ sind uf da Balkanhalbinsel nördlich vo da Donau in Siebenbürgen blieba.
Epper glichzitig wia dia Goten sind dia Langobarden vo der Unterelbe ins hütige Tschechien und öschtliche Öschtriich gwandert.
Allbot wieda sind klenere Gruppana ins Römische Gebiet igfalla, aba däne sind entweda zruckgschlaga wora oda ma hot halt a neue Grenz zoga. Manchmol hond se o sog. „befreundete Bundesgenossen“ extra ins Grenzgebiet umgsiedlt, wo se an Puffazona bildet hond.
[ändere] Vo da erschta Hunna-Ifäll bis zur Erobarung vo Rom 410
In da zwoata Hälfte vom 4. Johrhundat sind d‘Hunnen us da zentralasiatischa Schteppe ge Südrussland ku und hond Wälllena vo germanischa und sarmatischa Schtämm vor sich hertrieba in Richtung Süd- und Westeuropa. 375 hond d‘Hunna d‘Oschtrogota gschlaga und d‘Terwingen us eana Gebiet im hütiga Rumänien vatrieba. Des wird hüt als Afang vo da Völkawandrung im engara Sinn gsänna.
Da gröschte Toal vo da gschlagana Ostrogota (wo schpöta zu da Oschtgota wora sin) sind unta hunnische Herrschaft ku, aba dia Terwingen (wo schpöta zu da Weschtgota wora sin) sind üba d’Donau ins römische Riich gfloha. Dia meischta Donaugota sind ins Römische Riich ku und Kaiser Valens hot eana in Thrakien Land zum Siedla gäa. Blödawies isch des ned bsundas guat vasorgt gsi, drum hond dia neua Bewohna bald amol revoltiert. In da Schlacht vo Adrianopel hond se gegs Kaiser Valens 378 gwunna. Unta eanam Führa Alarich I. sind se üban Balkan und Peloponnes zoga und am Afang vom 5. Jahrhundert noch Italien ku. 410 hond d‘Weschtgoten denn Rom erobert und damit a ziemliche Endzitschtimmung bi da Röma usglöst. Vo döt weg sind se wita noch Südweschtgallien zoga und hond um 418 in da Gegend vo Toulouse eana Tolosanisches Rich gründet. Ab 507 hond d‘Franka, wo scho 486 unta Chlodwig I. d’Röma us Gallien ussegworfa khet hond und langsam aba sicha Gallien unta eana Hand brocht hond, d’Weschtgoten besiegt und uf d’iberische Halbinsl vadrängt. Mit m Sie vo da Araba 711 isch denn s’Weschtgotariich endgültig zämgfalla.
Bis d’Hunna ku sin, hot’s eigentlich koa größare Vaschiebungs in da Bevölkarung gä. S’Römische Rich hot sich aba mit da Johr imma meh zruckzoga und hot all meh mit sich säl und siina innapolitischa Schwierigkeita zum tua khet. Noch m Tod vo Kaisa Theodosius isch denn 395 s’Riich in zwoa Töla toalt wora: s‘wescht- und s'oschtrömische Rich. Wil se des (vawaltungstechnisch) scho öfta gmahct ghet hond, hond d’Lüt damols des gerned als Reichsteilung gsänna ghet. Trotzdem hond sich vo döt awäg boade ehemalige Reichshälftena ganz andasch entwicklt.
[ändere] Literatur
- Patrick J. Geary: Europäische Völker im frühen Mittelalter. Zur Legende vom Werden der Nationen. Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-596-60111-8.
(Fischer-Taschenbuch; kritische Sicht auf die lange gängige Betrachtung der spätantiken Volksgruppen als homogene Gebilde, stattdessen Darstellung der Vorgänge als komplexe Interaktion heterogener Gruppen und Faktoren.) - Walter Goffart: Barbarians and Romans AD 418-584. The Techniques of Accomodation. Princeton 1980 , ISBN 0-691-10231-7.
(Ein sehr einflussreiches Buch, das neue, wenn auch nicht unumstrittene, Erklärungsmuster für die Entstehung der Germanenreiche bietet.) - Peter J. Heather: The Fall of the Roman Empire: A New History. London 2005.
(Heather betont den gewaltsamen und zerstörerischen Aspekt der Völkerwanderungszeit.) - Peter J. Heather: The Huns and the end of the Roman Empire in Western Europe. In: English Historical Review 110 (1995), S. 4–41.
- Stefan Krautschick: Zur Entstehung eines Datums. 375 – Beginn der Völkerwanderung. In: Klio 82 (2000), 217-222.
- Jochen Martin: Spätantike und Völkerwanderung. München 2001, ISBN 3-486-49684-0.
(4. Band in der OGG-Reihe mit Darstellung, Forschungstendenzen und Bibliographien zu Quellen und Literatur, Ausgangspunkt für die wissenschaftliche Arbeit.) - Roland Prien: Archäologie und Migration - Vergleichende Studie zur Nachweisbarkeit von Migrationsbewegungen. Bonn 2005, ISBN 3-7749-3327-8.
- Walter Pohl: Die Völkerwanderung. 2. erw. Aufl., Stuttgart u.a. 2005, ISBN 3-17-018940-9.
(Wissenschaftlich fundierte Einführung aus der Kohlhammer-Reihe. Derzeit wohl das beste Überblickswerk.) - Klaus Rosen: Die Völkerwanderung. München 2002, ISBN 3-406-47980-4.
(Knappe, aber gut lesbare Überblicksdarstellung aus der verlässlichen Beck-Wissen-Reihe mit annotierter Kurzbibliographie.) - Leslie Webster/Michelle Brown (Hgg.): The Transformation of The Roman World. AD 400-900. London 1997, ISBN 0-7141-0585-6.
- Herwig Wolfram: Das Reich und die Germanen. Berlin 1990, ISBN 3-88680-168-3.
[ändere] Weblinks
- Weblinks zur Völkerwanderungszeit bei http://www.archaeologie-online.de.
- Völkerwanderung: Die Germanen dringen ins römische Imperium von Gerhard Wirth, in: Die Weltgeschichte, Bd. 2: Antike Welten (bis 600 n. Chr.), hrsg. v. d. Brockhaus-Redaktion (1997)
- Umfangreiche Materialsammlung bei Mittelalter-Genealogie.de
- ZDF.de - Völkerwanderung - Sturm über Europa.
- Von der Römischen Kaiserzeit zur Merowingerzeit in Oberfranken (Landschaftsmuseum Obermain)